
Interreligiöser Fokustag: „Frieden ist eine universelle Sprache“
Wenn wir über Religion nachdenken, übernehmen wir oft das, was man auf Deutsch „Schubladendenken“ nennt. Wir stecken Religionen in kleine Kästchen in unserem Kopf und erzwingen so eine Trennung, wo es Überschneidungen geben könnte. Kann es Überschneidungen geben?
Letzte Woche konnte unsere Gemeinschaft genau das herausfinden. Nach monatelanger Organisation und viel Einsatz von Schüler:innen und Mitarbeitenden fand der RBC Interfaith Special Focus Day auf dem Campus statt. Special Focus Days sind Veranstaltungen, die wichtigen Themen unserer Zeit gewidmet sind. Der Interfaith Day war der erste von insgesamt vier Tagen, die im Laufe des Jahres stattfinden werden. Er drehte sich um Religionen, Glaubensrichtungen und Überzeugungen und bezog Schüler:innen, Lehrer:innen und Gastredner mit ein.
Diversität als roter Faden
Der Tag begann mit einer Eröffnungssitzung im Auditorium, wo der Hauptredner Tuncay Dinҫkal einen bewegenden Einblick in seine Erfahrungen als interreligiöser Pädagoge und Sozialarbeiter für Extremismusprävention gab. „Frieden ist eine universelle Sprache, eine, die wir alle sprechen lernen können“, so schloss er seinen Vortrag über den interreligiösen Dialog. Starke Worte in einem Raum, der mit verschiedenen Religionen und Glaubensrichtungen gefüllt ist, an einem Ort wie dem RBC, das in seiner Vielfalt einem Blumenfeld ähnelt. Diese Vielfalt spiegelte sich auch in der Vielzahl der Aktivitäten wider, die vom Mormonentum über einen Schreib-Runen-Workshop bis hin zu einer Diskussion über Harry Potter als heiligen Text reichten. Gestärkt durch die Eröffnungssitzung teilte sich die Gemeinschaft auf, um zu ihren ersten Blöcken zu gehen.
Vom Shintoismus zu „Greenfaith“
Als Teilnehmerin habe ich gemeinsam mit der japanischen Gemeinschaft ein Seminar über den Shintoismus geleitet. Wir sprachen über den Ursprung der größten Religion Japans, ihre Geschichte, den Glauben ihrer Anhänger und ihre bedeutende Rolle in Japans Kultur und Gesellschaft. Am Ende zeigten wir Beispiele für Shintō-Praktiken in Studio Ghibli-Filmen. Und dieser letzte Teil reichte aus, um mir klar zu machen, wie einfach der interreligiöse Dialog sein kann: Animationsfilme, etwas so Universelles, dass es von jedem im Raum verstanden, diskutiert und geteilt werden kann. Nach dem ersten Block besuchte ich ein Seminar über sakralen Aktivismus mit der Greenfaith-Vertreterin Caroline Bader. Wir diskutierten über die Rolle, die Religion im Klimaaktivismus spielen kann, und darüber, wie die Sorge um die Welt die Menschen über die Grenzen ihres Glaubens hinaus verbindet; wie religiöse Gemeinschaften in der Politik etwas bewirken können und wie der Glaube unser Handeln prägen kann. Es war eine augenöffnende Sitzung, die mir das Potenzial bewusst gemacht hat, das in Glaubensgemeinschaften liegt: Der Glaube kann eine Quelle der Hoffnung, der Stärke und eine treibende Kraft für Aktionen sein.
Meditation und Friedensförderung
Am Nachmittag nahm ich an einer Meditationssitzung teil, eine willkommene Abwechslung zum geschäftigen Tag. Für eine Stunde ließen wir den Trubel der Gespräche hinter uns und genossen die beruhigende Stille. Anschließend nahm ich an einem Workshop über Frieden, Konflikte, Werte und Glauben teil, in dem wir über unsere persönlichen Erfahrungen mit der Friedensstiftung nachdachten. Wir können zwar nicht ignorieren, dass der Glaube eine Quelle von Konflikten sein kann, sowohl innerhalb unserer Gemeinschaft als auch auf globaler Ebene, aber durch das Zusammenleben lernen wir ständig, mit Unterschieden umzugehen, uns gegenseitig zu vermenschlichen und voneinander zu lernen. Und nach einem ereignisreichen Tag war dieser letzte Workshop eine wunderbare Bestätigung für unseren Ansatz am RBC: Nein, wir müssen nicht in allem übereinstimmen, wir müssen nicht die gleichen Überzeugungen teilen, um miteinander auszukommen. Aber wir müssen aufgeschlossen, neugierig und freundlich sein – das ist der Geist des Interfaith Day.


